Text: Emely Nobis / Bild: Frits Roest
Junger Wein und Geselligkeit: An warmen Wiener Abenden ist es gut, in einem der Heurigen in den Weingärten am Stadtrand zu verweilen. Hier kommen die Wiener bei einem Glas Wein ins Geschäft oder unterhalten sich in geselliger Atmosphäre. Wien ist die einzige Metropole der Welt, in der Wein in so großem Umfang innerhalb der Stadtgrenzen angebaut wird. Dies geschieht hauptsächlich in Vororten wie Grinzing, Neustift, Jedlersdorf, Nussdorf und Döbling: ehemalige Dörfer, die noch immer einen erkennbaren Dorfkern und ausgedehnte Weinberge haben. In Döbling befindet sich auch das fünfzig Hektar große Weingut Cobenzl, das seit 1907 im Besitz der Stadt selbst ist. Die Wiener Heurigenkultur wurde 2019 von der UNESCO sogar in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Dank eines Gesetzes von 1784 dürfen österreichische Winzer ihre Weine, Fruchtsäfte und andere hausgemachte Lebensmittel auf eigenem Grund und Boden in einem sogenannten „Buschenschank“ oder „Heurigen“ ausschenken. Etwa einhundertneunzig der sechshundert Wiener Winzer haben ein solches Weingut. Die meisten von ihnen haben nur einen Teil des Jahres geöffnet und bieten neben Wein auch eine begrenzte Speisekarte oder Buffet an. Einige Winzer mit einer Extra-Lizenz sind das ganze Jahr über geöffnet und unterscheiden sich von regulären Restaurants nur dadurch, dass sie ihren eigenen Wein servieren.
Neue Generation
Die 700 Hektar der Wiener Weinberge produzieren jährlich rund 2,39 Millionen Liter Wein. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Weißwein (80%), aber der Anteil an Rotwein nimmt zu. Dies ist zum Teil auf eine neue Generation junger Winzer zurückzuführen, die sich nicht mehr damit zufrieden gibt, einfach nur Wein in einem Heurigen auszuschenken. Sie stellen auf biologischen Weinbau um, experimentieren mit „exotischen“ Rebsorten wie dem Shiraz oder stellen zum Beispiel Orangeweine her: hergestellt aus weißen Trauben, die wie Rotwein „vinifiziert“ werden. Das bedeutet, dass auch die Schalen, Kerne und Stiele der Trauben während des Reifeprozesses verwendet werden. Infolgedessen färbt sich der Wein orange, ist aber auch reicher an Geschmack und Struktur. Außerdem muss nur wenig Sulfit hinzugefügt werden, da Antioxidantien aus den Häuten bereits eine bessere Konservierung gewährleisten.
Lebensqualität
Heurige gibt es in allen Formen und Größen, von groß und touristisch bis zu romantischen Verstecken, von traditionell bis extrem modern. Heurige ist (im Gegensatz zu Buschenschank) kein geschützter Name. Und so gibt es auch Betriebe, die sich so nennen, bei denen der Wein aber einfach vom Großhändler und nicht aus den eigenen Weinbergen kommt. Wenn Sie sich für das authentische Heurigengefühl entscheiden, dann wählen Sie eines der rund fünfzig Unternehmen, die dem Verein „ Der Wiener Heurige“ angeschlossen sind. Sie erfüllen bestimmte grundlegende Kriterien wie das Einschenken von selbst hergestelltem Wein und das Servieren in Gläsern mit Stiel (und nicht etwa in einem Wasserglas). Darüber hinaus dürfen sich vierzehn dieser Unternehmen Top-Heurige nennen, weil sie ein Plus an Qualität und Service bieten. Zum Beispiel ist während der Öffnungszeiten immer jemand aus der Winzerfamilie anwesend und Tische und Blumen sind nie aus Plastik. In welches Lokal Sie gehen, mit einem Besuch bei einem echten Heurigen können Sie die besondere Lebensqualität genießen, die Wien zu bieten hat.
Tipp: Wollen Sie sicher sein, einen Platz zu finden? Dann vergessen Sie nicht zu reservieren: Top-Heurigen
Erfahren Sie mehr über Wein in Wien vom Verein Der Wiener Heurige: wienerwein.at
Tipp: Heurige liegen (manchmal weit) außerhalb des Zentrums, sind aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. In Wien fahren U-Bahn, Straßenbahnen und Busse oft bis spät in die Nacht und Taxis sind relativ günstig. Planen Sie Ihre Route mit öffentlichen Verkehrsmitteln unter: wienerlinien.at
Obermann: Bio-Winzer
Die meisten Touristen, die einen Wiener Heurigen besuchen wollen, landen in Grinzing. Leider oft in großen Lokalen, in denen kein eigener Wein serviert wird und täglich Busse voller Japaner oder Russen halten. Glücklicherweise liegt etwas außerhalb des Zentrums von Grinzing, in einem Garten voller Oleander, der idyllische Heurige des Biowinzers Martin Obermann. Auf drei Hektar baut er Chardonnay, Zweigelt und vor allem den Wiener Gemischten Satz DAC an – eine Komposition aus dreizehn verschiedenen Rebsorten, die am Weinberg zusammen wachsen und auch gemeinsam geerntet und verarbeitet werden. Wenn es das Wetter erlaubt, organisiert er auch regelmäßig Picknicks und Weinproben in den Weinbergen rund um seinen Hof. Obermann ist Obmann des Weinbauvereins Grinzing. Er erzählt, dass es für Weinbauern ohne Kinder fast unmöglich geworden ist, ihren Betrieb an einen potenziellen Nachfolger zu verkaufen. Die Grundstückspreise sind so hoch, dass die Investition mit Weinbau und Heurigem kaum wieder zurückverdient werden kann.
Dass die Preise so stark steigen, liegt daran, dass die Spekulanten damit rechnen, dass das Weinanbaugebiet eines Tages für den wesentlich lukrativeren Wohnungsbau freigegeben wird. Bis auf weiteres ist dies nicht der Fall und sollen landwirtschaftliche Flächen in der Gemeinde solche bleiben. Obermann selbst hat sein Geschäft von seinen Eltern übernommen. Hat er viel verändert? „Eigentlich hab ich das nicht, bis auf die Tatsache, dass ich auf biologischen Weinbau umgestiegen bin. Für meine Eltern war das schwierig genug.“ Bezirk: Grinzing, Coblenzlgasse 102, weinbauobermann.at
Mayer am Pfarrplatz: Das Stammlokal Beethovens
Die Familie Mayer baut seit 1683 Wein an, der im Keller des Hauses am Pfarrplatz, wo sich heute der Heurige befindet, gelagert wurde. Es ist ein historischer Ort, denn 1817 wohnte Ludwig van Beethoven in diesem Haus und arbeitete dort an seiner Neunten Symphonie. Vom Innenhof aus führt eine Treppe zu seinem ehemaligen Appartement im ersten Stock, das noch einige Erinnerungsstücke enthält. Die Busladungen unwissender Touristen, die es schaffen, den Weg zu diesem Heurigen zu finden, werden am Eingang angewiesen: Fragen Sie jemanden vom Personal, wo Sie Platz nehmen können, setzen Sie sich und bestellen Sie ein Getränk. Wenn Sie auch etwas essen möchten, gehen Sie selbst zum Buffet. Dort wählt man aus, was man essen möchte, bezahlt und nimmt es selbst mit zurück an den Tisch. Zum Glück sind die Busse in getrennten Räumen untergebracht und kann man relativ ruhig im Hof sitzen. Wenn Sie einen Platz finden. Bezirk: Neustift am Walde, Rathstraße 44-46, wienerheuriger.at
Wolff: direkt an den Weinbergen
Hier lebt eine ehemalige Weinkönigin von Wien: Elisabeth III. wurde im Juni 2015 für einen Zeitraum von drei Jahren gewählt und vertrat den Wiener Wein bei zahlreichen Veranstaltungen. In viel Sachkenntnis, denn die Tochter des Winzers Peter Wolff ist selbst Winzerin. Zu ihrem Heurigen, der von Schwester Katharina und einer Tante geleitet wird, gehören mehrere Räume in dem großen, rustikalen Familienhaus aus dem Jahr 1609. Unmittelbar dahinter beginnen die Weinberge. Im terrassenförmig angelegten Hofgarten stehen grüne Tische und Bänke zwischen Bäumen und zahlreichen Töpfen mit blühenden Pflanzen. Bezirk: Neustift am Walde, Rathstraße 44-46, wienerheuriger.at
Edlmoser: Wo die Zeit stillsteht
Familienbetrieb seit 1374 und einer der ältesten Heurigen Wiens mit einem der schönsten Gärten. Das Essen ist eine zeitgemäße Interpretation von Rezepten, die oft schon seit Generationen in der Familie sind. Alles ist hausgemacht. Im Inneren hat sich in den letzten hundert Jahren wenig verändert. Wie der Eigentümer Michael Edlmoser sagt: „Wir haben hier ein Foto von 1898 und es sah so aus. Nur die Menschen kleideten sich anders“.
Michael Edlmoser ist Obmann des Vereins“ Der Wiener Heurige“. Er gewann zahlreiche Preise für seine Weine und wurde selbst als „Winzer des Jahres“ ausgezeichnet. Bezirk: Maurer, Maurer-Lange-Gasse 123, edlmoser.com
Christ: Design-heurigen
Designer-Heuriger der Familie Christ in einem Altbau, der seit der Renovierung mit viel Naturstein, Holz und großer Glasfassade dennoch sehr modern wirkt. Stilvolles Essen und Trinken in einer der gemütlichen Nischen des Stüberls, im Wintergarten oder im Garten unter den Reben und zwischen den blühenden Oleandern. Ausgezeichnetes Essen vom Buffet oder à la carte. Christ ist das älteste Bio-Weingut Wiens (20 Hektar). Für die Produktion wird ausschließlich organischer Dünger verwendet, es werden keine Chemikalien versprüht und die Trauben werden von Hand gelesen. Sie können die Weine auch in der Vinothek verkosten, die sich in einem großen Empfangsraum mit Glasfassade vor dem Eingang dieses Top-Heurigen befindet. Bezirk: Jedlersdorf, Amtsstraße 10-14, weingut-christ.at
Fuchs-Steinklammer: Orangeweine
Weingut (14 Hektar) der Familie Fuchs-Steinklammer seit 1697. Kurt Fuchs experimentiert hier mit den Söhnen Stefan und Alexander mit Orangeweinen und Verjus (Saft aus unreifen grünen Trauben, der als Essig oder Gewürz verwendet werden kann). Sie sind auch die einzigen in Wien, die einen roten Gemischter Satz produzieren. Ihr Heuriger Steinklammer liegt in einer Nachbarschaft mit alten Villen und verfügt über einen schönen, geschützten Garten, gute Weine und ausgezeichnetes Essen (biologisch, frisch, immer vegetarisch). Die Chancen sind gering, dass Sie sich hier zwischen Busladungen anderer Touristen wiederfinden.
Neben diesem Top-Heurigen besitzt die Familie auch den Heurigen und das Gasthaus Fuchs im Zentrum des stimmungsvollen Stadtteils Jedlersdorf. Dieser Heurige wird von einem Pächter geführt, ist einfacher und touristischer. Aber mit den gleichen feinen Weinen des Hauses. Steinklammer (Jesuitensteig 28, Bezirk Maurer) en Fuchs (Jedlersdorferplatz 29, Bezirk Jedlersdorf): heuriger.co.at
10er Marie: die Älteste
Ältester Wiener Heuriger (seit 1740) an einem Platz mit schönen Kastanienbäumen, in einem rustikalen Gebäude mit gelber Fassade, das unter Denkmalschutz steht. Benannt nach der schönen Maria, der Tochter der ersten Besitzer. 10er Marie ist ein typischer Wienerlied-Heuriger, was bedeutet, dass immer noch regelmäßig Live-Musik zu hören ist. Künstler wie die Komponisten Franz Lehar und Franz Schubert oder der Schriftsteller Josef Weinheber waren hier früher Stammkunden. Seit 1993 befindet sich der Heurige im Besitz der Winzerfamilie Fuhrgassl-Huber. Sie können Ihr Essen aus einer Vitrine mit einem großen Fleisch- und Gemüsebuffet auswählen, aber auch z.B. eine Heurigenplatte mit einer Auswahl aller Köstlichkeiten am Tisch bestellen. Setzen Sie sich in den Hofgarten oder in einen der beiden großen Innenräume. Bezirk: Ottakring, Ottakringer Straße 222-224, fuhrgassl-huber.at


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