Ausgehen und Heimkommen
Text: Emely Nobis / Bild: Frits Roest

Café Eiles
Was die Bistros sind für Paris und die Pubs für London, sind die Kaffeehäuser für Wien. Im Jahr 1685 erhielt Johannes Theodat als erster in Wien die Lizenz um in einem Lokal Kaffee ausschenken zu dürfen. Im Jahr 1819 zählte die Stadt bereits hundertfünfzig Kaffee-Etablissements und um 1900 waren es bereits an die sechshundert.
Die größte Blüte kannten die Kaffeehäuser im Fin-de-Siecle, als viel Schriftsteller, Künstler, Musiker, Journalisten und Politiker am liebsten ganze Tage im Kaffeehaus verbrachten um zu arbeiten, debattieren, Karte zu spielen und bis spät abends Schnaps zu trinken. Ihren Kater spülten sie dann am nächsten Tag wieder mit Kaffee weg. Wo anders als im Kaffeehaus…
Die Beliebtheit der Kaffeehäuser war auch eine Folge des Bevölkerungswachtums in Wien nach der zweiten Hälfte des 19ten Jahrhunderts. Durch den Ausbau der Eisenbahnlinien wurde Reisen einfacher. Aus allen Winkeln der Donaumonarchie kamen Migranten in die wirtschaftlich blühende Stadt auf der Suche nach Arbeit. Die Anzahl der Einwohner verdoppelte sich in kurzer Zeit. Um 1910 was Wien, nach New York, London und Paris, die vierte Stadt mit mehr als zwei Millionen Einwohner. Die Wohnungsnot war groß und für viel arme Künstler war es im warmen Kaffeehaus viel angenehmer als in ihren kleinen ungeheizten Wohnungen. Das sie manchmal einen ganzen Vormittag nur einen kleinen Espresso verzehrten, störte den Betreiber und Ober nicht, denn sie besorgten ihr Stammlokal ja auch eine Reputation.
Treffpunkt
In 2011 wurde die Wiener Kaffeehauskultur von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe ernannt. Noch immer zählt die Stadt an die fünfhundert Kaffeehäuser. Hier treffen sich die Wiener wenn sie sich austauschen wollen. Es ist wie ein verlängertes Wohnzimmer. Immer noch sieht man ältere Damen oder Herren die Zeitungen lesen während sie nur „einen kleinen Braunen“ trinken. Niemand wird sie drängen noch etwas zu bestellen, auch wenn der Herr Ober manchmal nachfragt ob eh alles in Ordnung ist.
Der Vormarsch der internationalen Ketten, wie Starbucks oder Coffee-to-go, haben die Beliebtheit der Kaffeehäuser in Wien bis jetzt nichts anhaben können. Sie verhalten sich zueinander wie Konfektionskleidung zu Haute Couture. Im Kaffeehaus setzt man sich auf Lederbänken oder Holzsessel an kleine Marmortische. Der Herr Ober – hier noch ein Beruf und meistens männlich – kommt in schwarzen Anzug mit Fliege. Zum Kaffee bekommt man ein Gläschen Wasser. Die Zeitungen sind in einem Zeitungshalter gespannt und Gespräche werden nicht durch laute Musik übertönt.
Natürlich ist nicht alles wie es war. Die Einrichtung wurde nach dem zweiten Weltkrieg mehrmals erneuert, oft gibt es jetzt gratis Wifi und es finden sich auch vegetarische Gerichte auf der Speisekarte. Zwischen den bis zu dreißig verschiedenen Kaffeesorten trifft man mittlerweile auch nicht-Wiener Varianten, als Espresso, Cappuccino oder Verkehrter – dank der Touristen. Und ja: In manchen Kaffeehäuser im Zentrum findet man heutzutage mehr Touristen als Stammgäste. Worüber sich die Weiner dann wieder ärgern…
Lassen Sie sich davon nicht abhalten. Die Atmosphäre ist und bleibt einmalig. Wir besuchten die berühmtesten und weniger bekannten Kaffeehäuser und stellen sie gerne vor.
Café Diglas

Café Diglas
Ein paar Schritte hinter dem Stephansdom, mitten im Zentrum also. Der Fußboden ist aus Marmor, die Wände sind getäfelt. Viele klein Marmortische sowie Stühle und Bänke mit rotem Leder bekleidet. Legendarisch ist der „Scheiterhaufen“, ein Dessert aus altbackenem Brot, Eier, Äpfel, Milch und Rosinen. Erschrecken Sie nicht wenn sie zur Toilette gehen: Die moderne WC-Türen sind aus einem Glas, dass erst undurchsichtig wird wenn man zusperrt. Wollzeile 10, diglas.at
Café Prückel

Café Prückl
Eins der wenigen Kaffeehäuser direkt an der Ringstraße, die in der zweiten Hälfte des 19ten Jahrhunderts um das Zentrum von Wien errichtet wurde. Es wurde 1903 eröffnet, aber die heutige Einrichtung des L-förmigen Cafés ist durch Oswald Haerdtl, einem der bekanntesten Designer und Architekten Im Wien der fünfziger Jahren, entworfen. Auffällig sind die perforierten, spitz zulaufenden Leselampen. Das Café hat eine angenehme Terrasse, wo man das Treiben auf der Ringstraße zuschauen kann. Stubenring 24, prueckel.at
Café Landtmann

Café Landtmann
Bei der Eröffnung in 1873, durch Franz Landtmann, war es Wiens größtes und elegantestes Kaffeehaus. Unter anderen Sigmund Freud, Gustav Mahler, Marlene Dietrich und Romy Schneider waren hier zu Gast, aber in jüngster Zeit z.B. auch Hillary Clinton. Die in 1929 renovierte Einrichtung ist denkmalgeschützt. Die Holzschnitzereien auf den vier Säulen beim Eingang stellen Szenen vor aus Premieren im gegenüberliegendem Burgtheater. Universitätsring 4, landtmann.at
Café Central

Café Central
Obwohl mittlerweile sehr touristisch – es steht in jedem Fremdenführer – lohnt sich ein Besuch dieses großen und relativ teuren Cafés aus 1876. Die imposante Säulenhalle hat etwas von einer Kirche. Die hohe Decke , schön dekorierte marmorne Säulen, große Fenster, stilvolle Lampen sind pure Eleganz. Das Buffet mit Torten und Gebäck lässt nichts zu wünschen übrig. Mann stapft in den Fußtritten illustrer Gäste, wie Arthur Schnitzler, Leo Trotzky und Sigmund Freud. Schriftsteller und Stammgast Peter Altenberg (1859-1919), berühmt wegen seiner Skizzen des Wiener Kaffeehaustreibens, sitzt noch immer beim Eingang. Jetzt als Wachsstatue. Ecke Herrengasse/Strauchgasse, cafecentral.wien
Café Ritter

Café Ritter
Kaffeehaus aus 1867, eines der letzten nahe der bekannten Wiener Geschäftstrasse Mariahilfer Straße, wo es früher zahlreiche Kaffeehäuser gab. Die jetzige Einrichtung, mit rot und braun als dominante Farben, stammt wahrscheinlich aus der Zwischenkriegszeit und wurde von Josef Zotti entworfen. Es umfasst eine Decke im Rokokostil, Holztäfelung und komfortable, mit braunrotem Kunstleder überzogene Bänke. Die vielen Lampen sorgen für ein warmes Licht und die Tische stehen angenehm weit auseinander. Achten Sie auf das Gemälde hinter der Bar, ebenfalls im Rokokostil. Trinken die elegant gekleideten Damen und Herren da auch schon eine Tasse Kaffee? Hoek Schadekgasse/Amerlingstraße, caferitter.at
Café Sperl

Café Sperl
Eröffnet in 1880, mit einer Einrichtung die noch immer an das 19te Jahrhundert erinnert. Früher schon beliebt bei viel Künstler, wie Komponist Franz Léhar (Die lustige Witwe). Die fühlen sich noch immer wohl in dem etwas versteckt hinter dem Theater an der Wien gelegenem, von relativ wenig Touristen heimgesuchtem Kaffeehaus mit Billarttisch. Man kann dort Schriftsteller Robert Menasse treffen, aber auch die niederländische Musicalsängerin Pia Douwes (Sisi) kommt hier regelmäßig. Gumpendorfer Straße 11, cafesperl.at
Café Museum

Café Museum
Architekt Adolf Loos entwarf die ursprüngliche Einrichtung dieses in 1899 eröffneten Cafés. Sein funktionales Design, mit marmornen Tischen und einfachen Stühle aus Birkenholz, setzte der Trend für viele Weiner Kaffeehäuser im 20sten Jahrhundert. Schon bald nach der Eröffnung wurde Café Museum der wichtigste Treffpunkt für ein Gruppe Künstler um Gustav Klimt. Das Café wechselte mehrmals Besitzer und Einrichtung. Die heutige Einrichtung, mit halbrunden Bänke, ist eine Rekonstruktion des Entwurfs von Josef Zotti aus den dreißiger Jahren. Ebenso wie damals wird das Interieur in den verchromten, konvexen Deckenlampen gespiegelt. Operngasse 7, cafemuseum.at
Café Hawelka

Café Hawelka
Als Leopold Hawelka in 1939 das ehemalige Café Ludwig in der Wiener Innenstadt übernahm, kaufte er auch das von einem Schüler von Adolf Loos entworfenen Interieur. Die Thonetstühle und kleine Marmortische von damals gibt es noch immer. Füge schwere, dunkle Vorhänge, wenig Licht und abgenützte Bänke hinzu und man wähnt sich eher in einer altmodische Hafenkneipe. An den Wänden hängen überall Plakate für Konzerte, Theateraufführungen und Ausstellungen, oft von berühmten Stammgäste. Leopold Hawelka selbst saß bis zu seinem Tod in 2011 – er war damals 100! – immer an den gleichen kleinen Tisch links vom Eingang, wo ihm nichts entging. Das Kaffeehaus wird heute von seinem Sohn Günther und zwei Kleinsöhne weitergeführt. Dorotheergasse 6, hawelka.at
Café Eiles

Café Eiles
Kaffeehaus aus 1901, dass es unter einen anderen Nahmen bereits seit 1838 gab. In den vierziger Jahren renoviert im Stil des frühen 20sten Jahrhundert, mit Jugendstilmotive wie dekorierte gläserne Eingangstüren und im grüngelben Blumenmotiv bekleidete Bänke. Außer für Künstler war Eiles früher auch ein Treffpunkt der Offiziere, Politiker und wohlhabender Bürger. Das Café wurde 2015 neu übernommen und wird mit einem jungen Team weitergeführt. Josefstädter Straße 2, cafe-eiles.at
Café Frauenhuber
Ältestes existierendes Kaffeehaus von Wien, eröffnet in 1824. Hier wurden Gäste einst unterhalten mit Kammermusik von Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven, aber es hieß damals anders. Frauenhuber heißt das Café immerhin schon seit 1891. Fast jede Sitzecke steht in seine eigene Nische aus rotem Plüsche. Auf dem Parket liegen kleine Orientteppiche. Gemütlich und häuslich, auch wenn die Ober Smoking tragen und eine(r/m) mit ‚gnädige Frau‘ oder ‚gnädiger Herr‘ ansprechen. Himmelpfortgasse 6, cafefrauenhuber.at
Café Korb
Bei der Eröffnung von Café Korb am 19. März 1904 war sogar Kaiser Franz Josef anwesend. Seit 1950 wird das Kaffeehaus von der Familie Widl betrieben. Die Einrichtung stammt aus den sechziger Jahren, aber die futuristischen Toiletten, sowie die Artlounge im Keller sind ganz aus dieser Zeit. Berühmte Gäste sind Elfriede Jelinek, Arthur Miller und Andy Warhol. Der Apfelstrudel wurde von Time Magazine zum Besten Wiens ausgerufen, aber damit ist nicht jeder einverstanden. Brandstätte 9, cafekorb.at
Café Ministerium
Stilvolles Wiener Kaffeehaus aus 1935 an einem Platz vor der Postsparkasse von Architekt Otto Wagner. Warme rotplüschene Bänke und die originale Marmortische aus der Anfangszeit. Die klassische Einrichtung wird gern für Filmaufnahmen verwendet und war u.a. in Tatort und Kommissar Rex zu sehen. Georg Coch-Platz 4, cafeministerium.at


Bad Ischl



Auf den Spuren von
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Auf den Spuren Joseph Haydns

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