Lukas Mraz
Minimalistischer Küchenchef
Text und Bild: Frits Roest
Vater Markus hat dem Restaurant Mraz in Wien bereits zwei Michelin-Sterne erobert. Seit Sohn Lukas nach Hause kam, glänzt auch er in der Küche und setzt seine eigenen Akzente.

Lukas Mraz
Als Lukas Mraz im September 2018 nach Hause kam, um mit seinem Vater in dessen Wiener Restaurant zu kochen, stellte er einige Forderungen. Es sollte eine offene Küche mit einem Chef’s Table geben, es musste anderes Geschirr angeschafft werden und er wollte für die kreative Auswahl der Speisekarte verantwortlich sein. „Zum Glück wollte mein Vater umgekehrt nicht viel, außer dass ich nach Hause komme“.

Jakobsmuschel
Was gar nicht so selbstverständlich war. Vater Markus Mraz war damals selbst erst fünfzig und noch lange nicht fertig. Er hatte zwei Michelin-Sterne zusammengekocht und wurde vom Gault Millau zum Koch des Jahres 2018 ernannt. Lukas: „Aber er macht diese Arbeit seit dreißig Jahren und hätte es alleine keine zehn Jahre mehr ausgehalten, weil es körperlich ein Spitzensport ist.“ Umgekehrt war Lukas bereit für einen neuen Schritt. Er hatte in mehreren Sternerestaurants gearbeitet und sich als Chefkoch des viel besprochenen Berliner Weinbistros Cordobar einen Namen gemacht. „Nun, da ich mich selbständig machen wollte, stand ich vor der Wahl: ein Restaurant mit einem Geschäftspartner eröffnen oder zurückkommen und von meinem Vater alles über die geschäftliche Seite der Führung eines Restaurants lernen. Ich fand es lohnenswert, das fortzusetzen, was mein Vater aufgebaut hatte.“
Teller ablecken
Restaurant Mraz befindet sich in der Brigittenau, Wiens multikulturellem 20. Bezirk. Lukas ist dort aufgewachsen und fühlt sich dort zu Hause. Er experimentiert gerne mit Traditionen, Techniken und Gewürzen aus den unterschiedlichsten Esskulturen. Er beschreibt seinen Kochstil als minimalistisch und weniger üppig als den seines Vaters. „Genau aus diesem Grund habe ich mir schöne neue Teller gekauft, denn dann braucht man nicht mehr viel, um ein Gericht ansprechend zu präsentieren. Sie sind gewissermaßen die leere Leinwand, auf der das Produkt zur Geltung kommt. Ich möchte eine schöne Zutat so sparsam wie möglich verwenden. Der Schwerpunkt liegt auf dem Geschmack.“

Pilzsuppe
Manchmal treibt er es dabei auf die Spitze. Auf einem der Teller liegt nur ein Streifen fermentierte Karotten, mit einigen Kräutern und Öl zu einer Blume gefaltet. Und doch ist diese einfache Karotte die am besten zubereitete Karotte, die Sie je gegessen haben. Eine in kleine Würfel geschnittene Jakobsmuschel wird in ihrer eigenen Schale serviert, mit dem Fruchtfleisch einer köstlich aromatischen und nicht zu säuerlichen Zitrone aus der Orangerie des Schlosses Schönbrunn als einziger Würze. Da Lukas eine Abneigung gegen Starrheit und Regeln hat, wird das Menü mit einem Augenzwinkern serviert. Der erste Gang, saure Sahne mit Kaviar, gibt den Ton an: Man darf/muss ihn einfach von einer Steinplatte lecken, die zuvor geräuchert wurde und dadurch einen zusätzlichen Geschmack erhält. Wenig später tauchen wir Tempura-Cracker aus Lauchweiß in grüne Lauchmayonnaise, die in einem ausgehöhlten, mit Kabelbindern zusammengehaltenen Lauchstiel serviert wird. Solche Scherze bringen die Gäste in gute Stimmung und schaffen die gewünschte lockere Atmosphäre. Ob die Gäste nicht einen zu großen Bruch mit dem Stil seines Vaters spüren? „Nein. Meine Verrücktheit kommt von meinem Vater. Er ist auch dafür bekannt, immer innovativ zu sein. Ich mache einfach in diesem Sinne weiter.“

Menüplanung am Chef’s Table
Lukas entdeckte während seiner Ausbildung bei Jonnie de Boer im De Librije in Zwolle (Niederlande), dass es ihm wichtig war, dass die Atmosphäre im Restaurant sowohl für die Gäste als auch für das Personal entspannt ist. „Als ich siebzehn Jahre alt war, hab ich eine Zeit lang in einem in einem strengen und sehr hierarchischen französischen Drei-Sterne-Restaurant gearbeitet. Ich bin dort weggegangen wie ein Kampfhund. In Zwolle musste ich härter, länger und schneller arbeiten, aber die Atmosphäre war viel angenehmer. Wir arbeiteten zusammen, anstatt miteinander zu konkurrieren. Ich fand Jonnie selbst sehr freundlich und menschlich. Ich konnte mich entspannen und wieder ich selbst sein. Die Atmosphäre mit meinem Vater war auch gut, aber als ‚Sohn von‘ erlebt man die Dinge anders, als wenn man irgendwo arbeitet.“
Servierwagen mit Zutaten

Die „Speisekarte“
Seit Lukas nach Hause gekommen ist, ist die Speisekarte am Eingang des Restaurants Mraz verschwunden. In dem dafür vorgesehenen Schrank befindet sich nun ein Schild mit der Aufschrift: Wo früher das Menü war. Die Gäste haben also keine Wahl mehr. Sie erhalten ein Überraschungsmenü mit vierzehn Gängen. Die Speisekarte erhalten Sie erst, wenn Sie sich verabschieden. Zuvor wird das Essen spielerisch von Lukas‘ Bruder Manuel präsentiert, der im Familienrestaurant als Servicechef arbeitet. Er fährt einen Wagen mit den wichtigsten Zutaten an unseren Tisch: rohes Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst… Wer etwas nicht essen will oder kann, kann das angeben. Im Übrigen entscheidet Lukas in Absprache mit seinem Vater, was auf den Tisch kommt. „Je mehr Auswahl man bietet, desto mehr muss man am Ende des Abends wegwerfen oder in die Tiefkühltruhe legen, weil die Kunden es nicht bestellt haben“, sagt Lukas. Ich finde das fast kriminell. Wir wissen, wie viele Gäste kommen werden und was sie essen werden. Das ermöglicht es uns, entsprechend zu bestellen.“
Neue Gerichte entwickelt er unter anderem auf der Grundlage seiner Nachhaltigkeitsphilosophie. „Nehmen Sie die Langustinen, die Sie serviert bekommen: Gestern in der Bretagne gefangen, heute in der Früh in Wien angekommen. Ich habe den Schwanz in Kombu (ein Seetang, Anm. d. Red.) gedämpft, damit er den Geschmack aufnimmt. Ich habe den Kopf gegrillt. Er wird bei Tisch in einer Presse gepresst und dient als Soße für die Langustinen. Aus dem Fleisch der Scheren habe ich eine Art „Krabbensalat“ gemacht, den ich als Snack auf einer Scheibe gegrillten Brotes serviere. Meine Kreativität wird freigesetzt, wenn ich mich von einem schönen Produkt einschränken lasse.“
Restaurant Mraz, Wallensteinstraße 59 in Wien, mraz-sohn.at
![]() Lukas Mraz (1990)
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