Würstelstand
Für einen schnellen Imbiss gehen Sie  in Österreich zum Würstelstand. Das Fastfood-Konzept wurde aus bitterer Not geboren.

Jetzt sind mobile Lebensmittelwagen angesagt. Als vor rund hundert Jahren die ersten Würstelstände durch die Straßen Wiens fuhren, war dies sicher nicht der Fall. Es war Krieg, viele Soldaten kehrten behindert von der Front zurück und konnten ihr altes Handwerk nicht mehr ausüben. Und so gab ihnen der Kaiser die Erlaubnis, in Fahrküchen Wurst zu verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das Fastfood-Konzept avant la lettre überlebte den Krieg und wurde Teil des Wiener Lebensstils. Vor allem, nachdem ab den sechziger Jahren immer mehr Würstelstände einen festen Platz erhielten, wurde sie zum Ort des Begegnung.

Normalerweise können Sie von etwa zehn Uhr morgens bis etwa fünf Uhr nachmittags dorthin gehen, aber einige Nachtwürstelstände bleiben bis in die frühen Morgenstunden geöffnet. Hier treffen sich die Nachtschwärmer, vom Taxifahrer bis zum angesehenen Opernbesucher. Heute gibt es in allen österreichischen Städten Würstelstände, sogar Designstände wie Zum Goldenen Würstel (Ecke Graben/Spiegelgasse Wien), eine Imbissbude aus teilweise vergoldetem Stahl, Marmor und Glas.

Ob einfach oder luxuriös, im Würstelständ können Sie immer noch Wurst (a Haaße) mit süßem (a Siaßa) oder scharfem (a Schoafa) Senf, ein Stück Brot oder ein Brötchen (Semmel), geriebenen Meerrettich (Kren) und/oder Gurken (Krokodü) und Zwiebeln (Glasaug‘) essen. Natürlich weggespült mit Bier (16er Blech), Wein oder ein Erfrischungsgetränk.

Für Touristen kann das Angebot von Bratwurst, Frankfurter, Bosna, Waldviertler, Leberkäse oder Debreziner zu so viel Auswahlstress führen, dass die Schlangen um die Mittagszeit sehr lang werden. Deshalb stehen heutzutage oft Hot Dogs auf der Speisekarte. Aber für das echte Würstelstand-Erlebnis bestellen Sie einen Käsekrainer, eine leicht geräucherte, mit Käsewürfeln gefüllte Bratwurst. Wenn man ihn aufschneidet, läuft der geschmolzene Käse aus. Deshalb nennen ihn die Wiener ‚Eitrigen‘: eitrige Wurst.

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