WaiWi

Wanderung durch das Pillerseetal

Quer durch das Pillerseetal verläuft der WaiWi: eine Langstreckenwanderung, die Sie in drei Tagen zurücklegen können, inklusive einer Panorama-Übernachtung in einer Berghütte. Auf dem Weg durch die Tiroler Berg- und Alpenwelt.

Text: Emely Nobis / Bilder: Frits Roest

Jakobskreuz auf der Buchenstienwand © Bergbahnen Pillerseetal

Liebliche Bergseen und Almen neben rauen Kalksteinformationen und Wäldern… keine bessere Möglichkeit, die abwechslungsreiche Landschaft des Tiroler Pillerseetals zu erkunden, als das WaiWi. Dieser 50 Kilometer lange Wanderweg durchquert fast das gesamte Tal und ist nach dem Ausgangspunkt im Dorf Waidring und seinem höchsten Punkt benannt: dem Gipfel des Wildseeloders mit 2118 Metern. Am Fuße dieses Berges, im Dorf Fieberbrunn, ist die Wanderung nach nur drei Tagen abgeschlossen.

Der WaiWi ist ein idealer Testfall für diejenigen, die noch nie eine Fernwanderung gemacht haben. Auch wenn sie relativ kurz ist, können Sie erleben, wie es ist, mit Gepäck zu wandern und in einer Berghütte zu übernachten. Zudem ist die mittelschwere Route nicht nur für fanatische Bergwanderer geeignet. Sie können mehrere Varianten wandern und dank einer alternativen Route durch das Tal (erster Tag) oder der Benutzung der Bergbahnen (zweiter und dritter Tag) einiges verkürzen. Obwohl es immer noch kein Spaziergang ist, macht sie die Tour doch sehr viel zugänglicher. Also keine Ausrede: Wanderschuhe an und ab, in die Berge…

Tag 1: Waidring – St. Jakob in Haus: 16 Kilometer, 420 Höhenmeter

Pillersee

Pillersee

Unsere kurze Fernwanderung – gut markiert mit grünen WaiWi-Aufklebern an den Wegweisern – beginnt im Zentrum von Waidring. Wir haben dieses Dorf mit vielen historischen Gebäuden und Bauernhöfen bereits gestern nach unserer Ankunft erkundet. Waidring war früher ein wichtiger Knotenpunkt für Reisende, die mit der Postkutsche zwischen Salzburg und Tirol reisten. Der rustikale Gasthof Post, in dem Prominente wie Wolfgang Amadeus Mozart und Kaiser Franz Joseph weilten, ist der Ausgangspunkt des WaiWi. In unseren Rucksäcken haben wir das Mindestgepäck für drei Tage und jeweils die notwendigen zwei Flaschen Wasser.

Wir wandern auf den Hausberg, sofort ein etwas anstrengender Aufstieg durch einen schönen Mischwald. Von oben hat man normalerweise einen weiten Blick über das Tal und auf die Steinplatte weiter oben, aber heute trübt tief hängender Nebel unsere Sicht. Durch die Weißbachschlucht entlang eines schnell fließenden Baches geht es weiter zum Alpengasthof Oberweißbach, die erste Station des Weges. Da es nicht so aussieht, als würde sich der Nebel schnell auflösen, beschließen wir, die Gelegenheit zu nutzen und vom Fuße des Hausbergs aus einer alternativen Route durch das Tal zu folgen, erkennbar an den blauen WaiWi-Aufklebern an den Wegweisern.

Matterl

Matterl (am Berg oben sieht man schon das Jakobskreuz)

Bei einer kleinen Kapelle steigen wir hinab zur kleinen gotischen Wallfahrtskirche Sankt Adolari (aus dem Jahr 1404). Dort überqueren wir die Straße und erreichen nach wenigen Minuten die Ausläufer des Namensgebers des Tals: den Pillersee. Mit einer Länge von 1,6 Kilometern ist dies der größte See in der Gegend, aber das Wasser ist selbst im Hochsommer mit maximal 18 Grad Celsius ziemlich kalt. Dennoch ist es ein beliebtes Ausflugsziel. Rund um den See können Sie wandern und radfahren (teils durch eine parkähnliche Landschaft, teils durch ein Naturschutzgebiet). Wenn Sie aufs Wasser wollen, können Sie im Seerestaurant Blattl ein Ruderboot oder Tretboot mieten.

Wir genießen unseren Spaziergang entlang des grünblauen Wassers und durch Felder, Wälder und Wiesen in vollen Zügen. In der Ferne sehen wir den Turm der Pfarrkirche St. Ulrich am Pillersee und im Ortsteil Schwendt treffen unsere Alternativroute und die Hauptroute wieder zusammen. Kurz bevor wir unser endgültiges Ziel erreichen, gibt es noch ein weiteres besonderes Kleinod: den Weiler Flecken mit seinen malerischen alten Bauernhäusern rund um eine Dorfquelle. Als wir kurze Zeit später St. Jakob in Haus erreichen, lassen wir uns auf der belebten Terrasse des Restaurants Bergblick an der Talstation der Buchensteinwandbahn nieder. Es macht uns nichts aus, den bequemen Weg durch das Tal zu nehmen. Schon allein deshalb, weil wir so beim nächsten Mal im Pillerseetal die längere Bergstrecke gut haben.

Tipps Tag 1

Waidring kann auf eine lange Geschichte der Glockengießerei zurückblicken. Im Dorf gibt es noch zwei kleinere Glockengießereien, die hauptsächlich Kuhglocken und Glocken für Kapellen und Musiker herstellen. Mehr über Waidring als Glockendorf: glockendorf.tirol

Triassic Park Steinplatte Waidring © Tirol Werbung

Ein beliebter Ausflug von Waidring aus ist der Triassic Park auf der Steinplatte, der einen Sandstrand mit Spielen und Attraktionen sowie eine Ausstellung über Saurier und andere ausgestorbene Tiere, zum Teil lebensgroße Nachbildungen, umfasst. Auf dem Plateau selbst können Sie wandern, Mountainbike fahren und klettern. Es gibt mehrere Bergrestaurants und eine Aussichtsplattform. Die Steinplatte kann mit den Bergbahnen Steinplatte erreicht werden.

Übernachtung in Waidring? Der Sendlhof bietet modernen Alpenchic, Wellness-Einrichtungen und gute Küche. Grünwaldweg 10 in Waidring, hotel-sendlhof.at

Das Wellnesshotel Waidringer Hof, Mitglied der Best Alpine Wanderhotels, richtet sich speziell an aktive Urlauber, die Sport und Wellness kombinieren möchten. Dorfstraße 16 in Waidring, waidringerhof.com

Übernachtung in St. Jakob im Haus? Eine gute Adresse ist das Familien- und Naturhotel Kitzspitz mit ausgezeichnetem Wellnessangebot , nahe dem Startpunkt der Etappe 2 des WaiWi, am Fusse der Buchensteinwand. Reith 18 in St. Jakob in Haus, kitzspitz.at

Essen & Trinken können Sie während dieser Etappe im Alpengasthof Oberweißbach (Weißbach 2 in Waidring, alpengasthof-waidring.tirol), im Seerestaurant Blattl  (Niedersee 2 in St. Ulrich am Pillersee, blattl.eu) und am Ende des Tages im Restaurant Das Bergblick neben der Talstation der Bergbahnen in St. Jakob in Haus (bergbahn-pillersee.com).

Tag 2: St. Jakob in Haus – Wildseeloder: 17 Kilometer, 1.700 Meter ↑, 671 Meter ↓

Pillersee von der Buchensteinwand

Aussicht auf das Pillerseetal von der Buchensteinwand

Obwohl wir gestern abend vorsichtshalber in unserem Hotel Kitzspitz in die Sauna gegangen sind, ist uns der gestrige Aufstieg auf den Hausberg doch noch in die Muskeln gefahren. Acht Stunden sind für die heutige Etappe vorgesehen, und damit wir unser heutiges Endziel – das Wildseeloderhaus – erreichen, fahren wir mit der Gondel zur Buchensteinwand: Das erspart uns zwei Stunden Aufstieg.

Die Hauptattraktion auf der 1456 Meter hohen Buchensteinwand ist das hölzerne, 30 Meter hohe Jakobskreuz mit oben einer Aussichtsplattform. Wir finden das Panorama vom Fuß des Kreuzes aus überwältigend genug. Der Nachteil der faulen Fahrt nach oben ist, wie wir jetzt erkennen, dass unsere Wanderung mit einem Abstieg beginnt. Wir gehen zuerst in Richtung Tennalm und biegen dann gleich oberhalb der Liftstation links in Richtung Buchau in Fieberbrunn ab. Es ist rutschig und auch lose Steine und Wurzeln machen, dass wir froh sind über unsere Gehstöcke und gutes Schuhwerk. Unten angekommen gehen wir ein Stück der Straße entlang und „fahren“ dann wieder vom Tal zur Mittelstation Steuböden.

Wenn Sie möchten, können Sie von hier aus mit der Gondel auch zur Bergstation auf dem Lärchfilzkogel fahren. Wir wandern aber weiter auf dem sogenannten Krottenweg, meist durch einen Wald auf einem nicht schwierigen, aber ziemlich steilen Weg. Bei der Ankunft am Lärchfilzkogel ist der Blick auf den Wilden Kaiser, das Loferergebirge und die Buchsteinwand mit Jakobskreuz die Belohnung für die Mühe. Von hier aus wird die Landschaft weitläufiger. Irgendwann nähert sich uns eine Kuhherde, die unter lautem Protest von den Bergweiden ins Tal getrieben wird. Auf der Wildalm – einer Käserei, wo wir auf der Terrasse ein Glas Buttermilch trinken – erzählt man uns, dass es die Mutterkühe sind. Die Jungtiere dürfen noch ein bis zwei Wochen oben bleiben, aber je nach Wettervorhersage werden auch sie bis spätestens Ende September herunterkommen.

Wildseeloderhaus

Wildseelodersee und Wildseeloderhaus

Wir haben unser Ziel fast erreicht, aber der letzte Anstieg zum Wildseeloderhaus – den wir schon von weitem sehen – erweist sich als ziemliche Herausforderung. Der Weg ist felsig (wir müssen manchmal große Schritte machen) und bietet an diesem sonnigen Tag wenig Schatten. Zum Glück ist er auch breit, denn es stellt sich heraus, dass wir unerwartet viel „Gegenverkehr“ haben. Später erfahren wir, dass viele Tagesausflügler mit dem Lift auf den Lärchfilzkogel fahren und dann in etwa einer Stunde von der Bergstation zum Wildseeloderhaus gehen, um dort zu Mittag zu essen. Jetzt, am Ende des Nachmittags, müssen sie sich beeilen, um die letzte Gondelfahrt nach unten nicht zu verpassen. Zum Glück geben sich alle gegenseitig den Platz, den sie brauchen.

Als wir im mit Holzschindeln gedeckten Wildseeloderhaus ankommen, sind fast alle Tagesausflügler weg und wir haben das Reich allein mit einem Dutzend anderer Gäste. Die Schutzhütte liegt idyllisch direkt am fast schwarzblauen Wildseelodersee, eingebettet zwischen den Bergen Wildseeloder und Henne. Wir schlendern am See entlang, trinken ein Bier auf der Terrasse, genießen die Aussicht und die Stille – Bergidylle pur – und essen später leckere, mit Bärlauch gefüllte Teigtaschen. Die Atmosphäre ist freundlich und nach dem Abendessen spielen wir sogar Mensch-ärgere-dich-nicht, weil wir dieses Brettspiel – seit ewig nicht mehr gespielt – in einem Schrank finden. Wir genießen unseren Abend in vollen Zügen ohne Fernseher und Handy, denn auch wenn es in der Hütte W-Lan gibt: Es passt einfach nicht hierher.

Tipps Tag 2

Wildalm

Wildalm

Das Jakobskreuz an der Buchensteinwand, eine Konstruktion aus Holz, Stahl und Glas, wurde 2014 errichtet. Es verfügt über eine Panoramaplattform auf dem Dach und vier ‚Zimmer‘, von denen aus man einen 360-Grad-Blick auf die Umgebung hat. bergbahn-pillersee.com

Das Wildseeloderhaus auf 1894 Metern Höhe wurde 1892 eröffnet. Die Schutzhütte der Sektion Fieberbrunn des Österreichischen Alpenvereins wurde schon immer aus Stein gebaut, weil Steine in der Gegend mehr vorhanden waren als Holz. wildseeloderhaus.at

TAG 3: Wildseelodersee – Fieberbrunn: 11,2 Kilometer, 320 Meter ↑, 1.378 Meter ↓

Bauernhof im Pillerseetal

Die dritte Etappe unserer Wanderung ist relativ kurz, beginnt aber mit dem Aufstieg zum höchsten Punkt: dem 2118 Meter hohen Gipfel des Wildseeloders. Wir wachen früh auf und unser Zirbenzimmer macht ihrem Namen alle Ehre – Morgenrot. Vom Fenster aus sehen wir, wie die aufgehende Sonne den Himmel rot färbt, nachdem der Sternenhimmel früher in dieser Nacht, auch wegen der fehlenden Lichtverschmutzung, ein so beeindruckendes Schauspiel bot.

Gestärkt durch ein Bergfrühstück machen wir uns auf den Weg. Wir lassen den See hinter uns und gehen über eine steile Flanke und durch ein „Tor“ in den Felsen über den grasbewachsenen Südgrat zum Gipfelkreuz. Es wurde aus dem letzten Stahl des Pillerseetals geschmiedet, als bleibende Erinnerung an die Bergbaugeschichte der Region. Nach einem 360-Grad-Rundblick – der höchste Punkt ist in der Tat ein Höhepunkt – steigen wir über die Seenieder- und Wildalm ab nach Fieberbrunn.

Unterwegs hätten wir gerne im Bergrestaurant Wildalpgatterl zu Mittag gegessen, denn hier gibt es das wärmstens empfohlene hausgemachte Steinofenbrot, aber leider ist Ruhetag. Zum Glück ist das Restaurant Steuböden Alm an der Mittelstation der Fieberbrunner Bergbahnen geöffnet: ohne Kaspressknödelsuppe wäre unsere Bergtour nicht komplett. Kurz vor dem Speichersee, neben der Sommerrodelbahn, biegen wir links ab in Richtung Brent und Lauchsee und erreichen bald unser Ziel in Fieberbrunn. Der Name des größten Dorfes im Pillerseetal setzt sich übrigens aus den Wörtern „Fieber“ und „Bründl“ (Tirolerisch für Brunnen) zusammen und geht auf eine Sage über eine Heilquelle hier zurück.

Kaspressknödelsuppe

Kaspressknödelsuppe © Tirol Werbung, Frank Bauer

Im Bus von Fieberbrunn nach Waidring – wo das Auto auf uns wartet – haben wir Zeit zum Evaluieren. Fazit: In nur drei Tagen konnten wir die ganze Bandbreite der Berge erleben: etliche Höhenmeter mit teils gepfefferten und steilen Passagen, einer Hüttenübernachtung, atemberaubenden Panoramen… Dabei hatten wir aber immer das sichere Gefühl, bei schlechtem Wetter, mangelnder Kondition oder extremen Muskelschmerzen die Route abbrechen oder verkürzen zu können. Erfahrenen Fernwanderern könnte dieser mittelschwere Weg zu kurz oder nicht anspruchsvoll genug sein. Genusswanderer wie wir, mit guter Kondition und ohne Höhenangst, kommen voll auf ihre Kosten.

Tipps Tag 3

Der Berggasthof Wildalpgatterl (Almen 57 in Fieberbrunn) ist Mitglied des Vereins KochArt Tirol: einer Gruppe von Gastronomen in den Kitzbüheler Alpen, die mit regionalen Produkten auf hohem Niveau kochen.

Restaurant Steuböden (Almen 56 in Fieberbrunn) liegt bei der Mittelstation der Fieberbrunner Bergbahnen.

Mehr über Wanderwege, Unterkünfte und Öffnungszeiten der Bergbahnen in Fieberbrunn: fieberbrunn.com

WaiWi: Praktische Tipps

St Ulrich am Pillersee

St Ulrich am Pillersee

Der WaiWi hat zwei Varianten. Die Basisvariante (erkennbar an den grünen WaiWi-Aufklebern auf den Wegweisern) zählt 50 Kilometer und 3.200 Höhenmeter. Die alternative Route, die wir am ersten Tag gegangen sind (erkennbar an den blauen WaiWi-Aufklebern), ist fast 6 Kilometer (1.850 Höhenmeter) kürzer. An Tag 2 und 3 kann der WaiWi teilweise mit Bergbahnen verkürzt werden. Wenn Sie die Bergbahnen nicht benutzen wollen, aber trotzdem die Etappe 2 etwas lang finden, können Sie sie aufteilen und am ersten Tag von St. Jakob in Haus nach Fieberbrunn und am nächsten Tag von Fieberbrunn zum Wildseeloderhaus wandern. Wegbeschreibung und Informationen: waiwi.at

Aufgrund der teilweise steilen Auf- und Abstiege ist der WaiWi nur für fitte Wanderer mit Basiskondition und ohne Höhenangst geeignet. Die beste Wanderzeit ist von Mitte Juni bis Ende September.

Sie können Ihr Auto in Waidring kostenlos auf dem Parkplatz Hausberg abstellen. Von der Endstation in Fieberbrunn bringt Sie der Bus zurück nach Waidring. Zeitplan: vvt.at

Das Pillerseetal ist Teil der Ferienregion Kitzbüheler Alpen und liegt an der Grenze von Tirol, Bayern und dem Salzburgerland. Die Region umfasst die fünf Gemeinden Waidring, St. Ulrich am Pillersee, St. Jakob in Haus, Fieberbrunn und Hochfilzen. Allgemeine Informationen über Übernachtungs-, Gastronomie-, Wander- und Radfahrmöglichkeiten, Attraktionen, Veranstaltungen und die PillerseeTal Card (für kostenlose öffentliche Verkehrsmittel und ermäßigte Bergfahrten und Eintrittspreise) im Tourismusbüro:  Dorfplatz 1, Fieberbrunn, pillerseetal.at oder kitzbueheler-alpen.com

Traunsee bei Traunkirchen